Das letzte halbe Jahr, in Zahlen gegossen, zeigt eine bemerkenswerte Sensibilität der öffentlichen Meinung. In der KW 14, also Ende März, war die Corona-Betroffenheit am allergrößten. Die Angststimmung und Ansteckungssorge erstreckten sich über sechs Wochen. Inzwischen hat sich die Corona-Angst auf ein verhältnismäßig niedriges Niveau eingependelt. Die Sorge um Wirtschaft und Arbeitsplatz ist seit der KW 18, also seit Ende April, tendenziell höher als die gesundheitliche Ansteckungsangst. Mit anderen Worten: Inzwischen übertreffen die existenziellen Sorgen die gesundheitlichen Ängste. Der Wiederanstieg der Infektionszahlen im Sommer schlägt sich bis dato in der emotionalen Angstskala nicht nieder.
Zurück in die heiße Phase, also in den März 2020: In der dritten Woche der Ausgangsbeschränkungen finden sich in den Umfrageergebnissen erstmals Hinweise auf eine abgeschwächte „Feel Good“-Bewertung. Ausmisten, Putzen, Kochen und Internet standen am Tagesprogramm ganz vorne.
Der Alltag forderte. Es wurde mit Eifer ausgemistet, zusammengeräumt und geputzt. Die Wiederentdeckung des gemeinsamen Kochens einte die Familien. Genereller Corona-Freizeit-Problemlöser war das Internet. In dieser Krise wurde viel mehr im Internet gesurft als sonst üblich. Onlineshopping lag bereits gleichauf mit Sport.
Die Mehrheit der Österreicher war der Meinung, dass wir in unserem Land das Coronavirus alles in allem unter Kontrolle hatten. Diese Zuversicht fand in der unverändert positiven Bewertung des Corona-Managements durch die Regierung seinen Niederschlag. Die persönliche Einhaltung der auferlegten Maßnahmen erfolgte ziemlich strikt (97 Prozent). Bezogen auf den gestrigen Tag waren 49 Prozent nicht draußen, 40 Prozent haben Abstand gehalten, Menschenansammlungen wurden gemieden, und Händeschütteln sowie Umarmungen waren nahezu gänzlich tabu.
Was sich besorgniserregend verändert hat, war die zunehmende Erkenntnis, dass nach der Corona-Krise eine ziemlich tiefe Wirtschaftskrise folgen wird. Die Befürchtung, dass diese länger andauert, ist in nur einer Woche von 61 auf 75 Prozent angestiegen. Der Anteil der Wirtschaftsoptimisten machte in der KW 18 (Ende April, Anfang Mai) nur mehr 25 Prozent aus.
Prof. Dr. Werner Beutelmeyer, market Institut I MarktforschungsgesmbH & CoKG
24. August 2020