Wir alle hoffen, dass die Corona-Krise endlich beherrschbar wird und neben den gesundheitlichen auch die veritablen wirtschaftlichen und sozialen Folgen reduziert werden können. Viele Maßnahmen wurden krisenbedingt gesetzt, manche, vielleicht auch liebgewordene, müssen zurückgenommen werden. Für einige Themen sollte man aber auch das unreflektiert neoliberale Dogma relativieren und Instrumente etablieren, welche die europäische Erfolgsgeschichte in der Nachkriegsära ermöglicht haben, natürlich mit anderen Aufgabenstellungen und Schwerpunkten als damals. Dazu ist dringend eine neue Story zu Gründungen und Wachstum zur Diskussion zu stellen.

Ich rate jedem Gründungsteam, die Unternehmensentwicklung mit öffentlichem Geld soweit voranzutreiben, wie es nur irgendwie geht. Wenn sich dann der langersehnte Erfolg einstellt, wird durch das vorherrschende Mindset – alles dem Marktkräften unterzuordnen – schnell verdrängt, wodurch dieser, neben dem Engagement des Gründungsteams, ermöglicht wurde. In den Frühphasen ist der Anteil der öffentlichen Finanzierung sehr hoch. Wichtig wäre, dass sich der öffentliche Financier auch in der Wachstumsphase nicht verabschiedet. Wir brauchen ein exzellentes, innovatives und wachstumsstarkes Unternehmensportfolio. Nach der Frühphase darf daher nicht alles dem Markt überlassen werden.

Öffentliche Finanzierungen für Beteiligungen an Unternehmen sind nahezu tabu. Und die Rechnungshöfe machen jede Chancenbetrachtung zunichte – die Politik hat vor ihnen schon kapituliert. Budgets für Potentiale und Sichtbarkeit kann man leicht einsparen, die Budgets für die Behebung von Mangel sind entweder ineffizient eingesetzt oder zu knapp.

Der Verkauf eines einzigen erfolgreichen Unternehmens kann ein Landesbudget sanieren. Dies gelingt nicht, wenn der Gewinn aus dem Verkauf nur in private Hände gelangt. Ein sehr positives Beispiel eines öffentlichen Investments ist die Kelag, das Kärntner Energieversorgungsunternehmen. Aus dem Versorgungsbedarf für Stromproduktion und –netz entstanden, hat sie viel an den öffentlichen Haushalt zurückgezahlt und noch immer viel Potential. Vielfältige Formen der Public-Private-Partnership und von Genossenschaftsmodellen können neu belebt werden. Langfristig finanziert mit genügend Eigenkapital und sicheren Renditen.

Nach der Krise werden die öffentlichen Finanzierungen rasch reduziert werden, damit man die öffentlichen Schulden in den Griff bekommt. Die meisten Ökonomen argumentieren bestenfalls mit Marktversagen als Begründung öffentlicher Finanzierungen. Diese wären gerade noch für Unternehmensgründungen, KMU und schwache Regionen erlaubt. Ein Pyrrhussieg für die etablierten Unternehmen in den alten europäischen Industrienationen. Sie verlieren durch neue innovative amerikanische oder asiatische Unternehmen an Bedeutung. Geld im großen Stil für Forschung und Innovationen einzusetzen, das brauchen wir nach der Krise noch viel mehr als weitere traditionelle Konjunkturprogramme. Unternehmen kritisieren hohe Steuern, sie entscheiden sich aber bei der Standortauswahl für die forschungsintensiven Standorte, die bei Bildung, Infrastruktur und Umwelt am attraktivsten sind.

Univ.-Prof. Mag. Dr. Erhard Juritsch, Vorstand KWF Kärntner Wirtschaftsförderungsfonds, Universitätsprofessor Zentrum für Angewandte Betriebswirtschaftslehre und Entrepreneurship Universität Graz

14. April 2021