In diesen verqueren Zeiten lernen wir viele neue Begriffe, ob nützlich oder nicht. Clusterfuck ist so einer, und sogar einer, den ich aktuell in die Kategorie nützlich einordne. Mir war das Wort unbekannt, bis es mir vor einigen Tagen im deutschen Radio in einem Interview begegnete. Mit Blick auf das nächste Ziel der Massenimpfung – die Kinder, als absolut schwächste Gruppe in unserer Gesellschaft – fiel er mir wieder ein: In Deutschland wird diskutiert, dass die „Bildungsteilhabe“ (sprich: Schulbesuch) ab Herbst vielleicht nur mit erfolgter Impfung möglich sein könnte.

Das Wiktionary definiert: „Clusterfuck (Slang, vulgär). Eine chaotische Situation, wo alles schief zu gehen scheint. Wird oft verursacht durch Inkompetenz, Kommunikationsversagen oder eine komplexe Umgebung.“ Der Begriff kommt aus der Militärsprache der USA, wo er vermutlich im Vietnamkrieg geprägt wurde.

Angewendet auf unsere aktuelle politisch-grundgesetzlich-wirtschaftlich-gesellschaftlich-soziale Situation möchte ich das „oder“ in der Wiktionary-Definition durch ein „und“ ersetzen sowie die Definition um einen weiteren Begriff ergänzen. Wir sind in einer Situation, in der Inkompetenz, Kommunikationsversagen und eine komplexe Umgebung aufeinandertreffen. Dazu kommt noch Ignoranz, jener hartnäckige Wille zum Nicht-Wissen. Ignoranz ist es, die Situationen, in denen man sich verrannt hat und in denen alles das, was man normalerweise tut, wenn man ein Problem hat, außer Kraft setzt und immer noch weiter verschlimmert.

Anders kann ich mir nicht erklären, wie wir in eine Situation geraten konnten, in der auf der Grundlage von „Zahlen“ weitestreichende politische Entscheidungen getroffen werden, jedoch die Grundlage dieser Zahlen auch nach dieser langen Zeit nach wie vor obskur bleibt:

  • Wie viele Menschen sind tatsächlich an SARS-CoV2 erkrankt, nachdem mittels PCR-Test ein Kontakt mit dem Virus festgestellt wurde? Der Test alleine sagt nichts über das Infektionsgeschehen, er ist alleine „als Hilfsmittel für die Diagnose indiziert, daher müssen Gesundheitsdienstleister jedes Ergebnis in Kombination mit dem Zeitpunkt der Probenentnahme, dem Probentyp, den Assay-Spezifika, klinischen Beobachtungen, der Patientenanamnese, dem bestätigten Status aller Kontakte und epidemiologischen Informationen berücksichtigen“ (WHO). Die täglich mitgeteilten ‚Infektionszahlen‘ besagen nichts anderes als die „Zahl der PCR-positiv-Getesteten“. Über die tatsächlichen Erkrankungszahlen erfahren wir nichts.
  • Dazu kommt das Unterlassen der in der Statistik üblichen und für eine Einordnung notwendigen „Normierung“ der Testwerte, welche die Zahl der positiven Tests in das Verhältnis zu der Anzahl der Testungen insgesamt setzt. Ohne die Information über „Anzahl positiver PCR-Test/100.000 Testungen“ beispielsweise kann die täglich gemeldete Zahl der PCR-Positiven überhaupt nicht eingeordnet werden, wie eine vergleichende Darstellung für Deutschland zeigt (letzte Folie).
  • Wie viele Menschen sind „an“ SARS-CoV2 gestorben? Und nicht „mit“ oder „im Zusammenhang mit“ Corona (dazu ausführlicher bereits früher).
  • Für wen ist SARS-CoV2 tatsächlich gefährlich (im Sinne eines sehr schweren Verlaufs oder Todesfolge)?

Seit dem Beginn der Krise im Frühjahr 2020 versuche ich beständig, die erhältlichen Zahlen (mit all den neu erfundene Indexwerten) in einen plausiblen Zusammenhang zu bringen. Erfolglos! Nach der mittlerweile mehr als einem Jahr andauernden Pandemiebeschallung mit immer verworrener Zahlenspielereien beobachte ich eine epidemieartige Zerrüttung des Denkens, die es Argumenten immer schwerer macht, Gehör zu finden. Die Gedanken und Gefühle sind in solche Unordnung geraten, dass sie das klare Denken vernebeln. Norbert Bolz hat in einem anderen Zusammenhang festgestellt: „Wer Angst hat, kennt kein akzeptables Risiko. ‚Katastrophe‘ heißt nämlich: Ich will nicht rechnen“ (S. 15). Und schon ist sie da, die Ignoranz, der hartnäckige Wille zum Nicht-Wissen.

Die Pandemie-Zerrüttung unseres Denkens und Fühlens scheint schon so weit fortgeschritten, dass es bislang kaum Diskussionen hervorruft, dass Kinder und Jugendliche ebenfalls „durchgeimpft“ werden sollen. Und das, obwohl sie nachweislich weder der Gefahr eines schweren Verlaufs ausgesetzt sind, noch als Überträger eine wesentliche Rolle spielen. Die Maßnahmen im Namen der Pandemie haben bereits jetzt schon zu solch erheblichen Schäden bei Kindern und Jugendlichen geführt, dass von einer „verlorenen Corona-Generation“ gesprochen wird. Nun sollen auch noch gesunde Kinder und Jugendliche massenweise Impfstoffen ausgesetzt werden, die – zur Erinnerung – in Eilverfahren eine Notzulassung erhalten haben, deren tatsächlichen Wirkungen noch unerforscht sind und für deren unerwünschte Folgen die Hersteller sich ausbedungen haben, aus der Verantwortung genommen zu werden und keinerlei Haftung dafür übernehmen müssen?

„Ich will nicht rechnen!“ Ernsthaft? Clusterfuck!

 

Heike Egner, Geographin, Sozionautin, Gastprofessorin an der Universität für Bodenkultur in Wien und Vorstandsmitglied des Universitäts.club|Wissenschaftsverein Kärnten

20. Mai 2021