Was wurde in der Covid-19-Krise durch den plötzlichen Verlust des Selbstverständlichen offensichtlich, was bemerken wir im Zuge der Pandemie-Maßnahmen?

Dass es möglich war, auf staatliche Anordnung hin die Wirtschaft und das öffentliche Leben „über Nacht“ auf ein Minimum herunterzufahren.

Dass die Bevölkerung diese Zwangsmaßnahmen beinahe widerspruchslos und konstruktiv mitträgt – auch wenn die wissenschaftlichen Grundlagen, auf denen diese einschneidenden Schutzmaßnahmen basieren, nicht transparent sind. Hier herrscht großes Vertrauen – zumindest bisher.

Dass der partielle Stillstand der Fabriken und die drastisch eingeschränkte Mobilität schon nach kurzer Zeit einen sichtbaren Einfluss auf die Luftqualität bewirkt, wie Satellitenbilder zeigen.

Dass es systemrelevante Funktionen und Berufe gibt, die bisher vielfach unterbewertet waren, aber (nicht nur) für den Notbetrieb einer Gesellschaft wichtig sind: Verkaufspersonal, Bauern, Erntehelfer, regionale Nahversorger, Lieferanten, Paketzusteller, Menschen im Pflege- und Gesundheitswesen sowie eine medizinische Infrastruktur, die noch nicht kaputtgespart ist.

Dass auch die digitale Kommunikation systemrelevant ist, angesichts fehlender analoger Begegnungsmöglichkeiten. Aber auch, wie bedeutend die Energieversorgung dafür ist. Ein Blackout wäre in vielerlei Hinsicht katastrophal.

Es ist uns auch bewusst geworden, wie wichtig soziale Kontakte sind, wie sehr unser Wohlbefinden davon abhängt: von Familie und Freunden, Nachbarn, guten Bekannten, von der (Dorf-)Gemeinschaft und den beruflichen Kontakten.

Wir sehen, dass wir zur Abdeckung unserer grundlegenden Bedürfnisse so ziemlich alles in unserer unmittelbaren Umgebung vorfinden: Soziale Nähe, regionale Versorgung, Erholungsmöglichkeiten unmittelbar vor der Haustür, …

Wie vielfältig und bedeutend die kulturellen Angebote sind, die wir oft zu wenig genutzt haben, bemerken wir durch die Veranstaltungsverbote. Wir nutzen nun Kulturangebote isoliert über das Internet und werden uns ihres Beitrags zu unserer Lebensqualität auf diese paradoxe Weise bewusst.

Wir bemerken aber auch, wie schön Plätze und Städte sind, wenn sie nicht von Fahrzeugen zugeparkt werden.

Doch woran werden wir uns in einem Jahr noch erinnern, wenn wieder so etwas wie „Normalität“ herrschen wird? Was von unserer aktuellen Wertschätzung werden wir uns bewahrt haben?

Wenn wir uns eines vernünftigen Verstandes bedienen, kann vieles davon bleiben.

Horst Peter Groß, Präsident des Universitäts.club|Wissenschaftsverein Kärnten

17. April 2020