Vom Kopf zur Hand
…und dazwischen eine ganze Welt.
Vortragsreihe und Ausstellung zum 100-jährigen Jubiläum des Künstlerhauses Klagenfurt
18. Oktober I 20. und 21. November 2014
Bambergsaal Parkhotel Villach / Künstlerhaus Klagenfurt
Organisiert und präsentiert im Rahmen von
„Kunst.Wissenschaft.Gesellschaft – Quer denken“
des Universitäts.club I Wissenschaftsverein Kärnten in Kooperation mit Irmgard Bohunovsky , dem Kunstverein Kärnten und der Stadt Villach
Hände sind Instrumente, sie werden vom Kopf gespielt: „Das alte Griechenland besang jene, die Kopf und Hand miteinander verbanden, als Zivilisationsstifter“. In unserer industriellen bzw. virtuellen Gesellschaft scheint die Hand nur mehr eine marginale Rolle zu spielen. Künstler freilich legen noch weitgehend selbst Hand an, selbst Architekten werden zuerst zeichnen, ehe ein Bau von anderen errichtet wird. Wie spielen Hirn und Hand zusammen? Eingeschränkte finanzielle Unterstützungen infolge von Sparmaßnahmen der öffentlichen Hand werden uns zunehmend dazu zwingen, über alle (Vereins)Grenzen hinweg zu kooperieren. Für dieses Projekt reichen verschiedene Teilnehmer einander die Hand, nicht virtuell, sondern ganz real, um herauszuarbeiten, was nicht von der Hand zu weisen ist: dass es zum Vorteil aller sein wird.
Irmgard Bohunovsky
Donnerstag, 20. November 2014, 19:00 Uhr Künstlerhaus Klagenfurt
Eröffnung der Ausstellung zum Thema „Vom Kopf zur Hand“
Präsident DI Eckhard Küttler zum Jubiläum „100 Jahre Künstlerhaus“
Präsentation des Jubiläumskataloges durch Karl Vouk
Kurzvortrag Barbara Putz-Plecko
DIE PLASTIK DER HAND IST DIE PLASTIK DES DENKENS
Künstlerische Prozesse sind immer suchende und untersuchende Bewegungen. Sie sind immer Wegfindungen – zugleich Denkbewegungen und Handlungen. Sie verschränken die Erfahrung des Selbst mit dem Begreifen und Erschließen von Welt und produzieren in eigener Weise Erkenntnis und Wissen. Dieses ist sinnlich und körperlich. Es ist ein fühlbares und ein gefühltes Wissen. Die Geschichte hat Bruchlinien geschaffen, die Theorie und Praxis, Technik und Ausdruck, Handwerker und Künstler, Hersteller und Benutzer voneinander trennen (Sennet 2008). Jedoch baut eine gelingende Lebenspraxis auf dem fruchtbaren Dialog zwischen praktischem Handeln und Denken, dem ständigen Wechsel zwischen dem Lösen und dem Finden von Problemen auf. Technik wird darüber als kulturelles Thema erkennbar und ist nicht geistlose Praxis. Kunst schafft komplexe Modelle, die eine analoge Funktion zum Verständnis und Erlebnis von Wirklichkeit haben. Ihr Material besteht nicht nur aus Dingen, sondern auch aus Wissensformen, Strukturen, Prozessen, Strategien und Wahrnehmungen. Uns auf sie einzulassen wird uns abverlangen, uns unerschrocken offenen Denkräumen zuzuwenden und immer wieder mit unseren Denkgewohnheiten zu brechen, um ein anderes Verhältnis zum Wissen, zur Zeit und zum Anderen herzustellen. „Und etwas begriffen haben, ist nicht nur eine bildliche Analogie mit dem tatsächlichen Greifen. Die Kultur des Denkens setzt eine tatsächliche Kultur der Hand voraus… Die Plastik der Hand ist die Plastik des Denkens. Der Begriff ist das Begriffene“ (Aichern, Kuhn 1995).
Freitag, 21. November, 18:00 Uhr Künstlerhaus Klagenfurt
Peter Strasser – HANDSTILLE IM KOPF
Sitting in an emptiness, trying to imagine something greater than the hand of man can create. (Der Kunsthändler in Michael Cunninghams „By Nightfall”.)
Die Hand des Künstlers ist ein Instrument der Kunstfertigkeit. Sie ist begreifendes Mittel zum bildnerischen Zweck. Doch im Moment höchsten Gelingens realisiert sich etwas buchstäblich Unbegreifliches. Es entsteht, aus dem Umsetzungswerk der Hand, eine Aura, die dem bloß handkundigen Auge nicht bemerkbar wird, weil sie ganz im Reich der Sorglosigkeit angesiedelt ist. Bei aller Sorge um das, was sich im künstlerischen Prozess zwischen Kopf und Hand an Weltentstehung ereignet, zielt der radikalästhetische Prozess auf ein Jenseits der Sorge: Die Hand im Kopf steht still. Durch das Gestaltete hindurch schimmert etwas Zeitloses, Transzendentes: something greater than the hand of man can create…
Eduard Kaeser – BESEELTER MATERIALISMUS
Die Hand, so charakterisierte sie bekanntlich Aristoteles, ist das Werkzeug der Werkzeuge. Die Hand ist aber Teil unseres Körpers und unser Körper ist das Grund¬medium menschlicher Kultur: der Sinn¬lichkeit, der symbolischen Geste, der Moral. Durch ihn begegnen sich Menschen, drücken sie sich aus, schaffen sie sich eine gemeinsame Welt, eine gemeinsame körpervermittelte Wirklichkeit. Gerade in einer Zeit, die sich zunehmend der Immaterialität eines Lebens in elektronischen Räumen verschreibt, muss der Körper das Gegengewicht einer „beseelten Materialität“ setzen. Wo, wenn nicht im künstlerischen Gestaltungsprozess, kann das besser verwirklicht werden?
Anschließend an die je 30-minütigen Vorträge:
PODIUMSDISKUSSION zum Thema: „Vom Kopf zur Hand“
Irmgard Bohunovsky, Barbara Putz-Plecko, Eduard Kaeser, Peter Strasser, Karl Vouk
Moderation: Horst P. Groß
Eintritt zu allen Veranstaltungen frei!