Angesichts der weltweiten Versuche, das Risiko des Corona-Virus über nationale Kraftakte  in den Griff zu bekommen, stellt sich die Frage nach „unserem“ Umgang mit Risiko.

Risiko ist unvermeidlich, ob wir wollen oder nicht. Jede Entscheidung ist mit dem Zweifel verbunden, ob wir damit richtig liegen oder nicht. Daher ist unsere Einstellung zu Risiko ambivalent. Positiv gesehen, sind Krisen und damit verbundene Risiken eine Herausforderung, eine Chance. Jetzt, so die damit verbundene Hoffnung, können bisherige Missstände bereinigt werden. Andererseits verursachen Risiken auch Ängste.

Unsere „archaischen“ Reaktionsmuster auf Gefahr basieren noch immer auf Kampf, Flucht, oder sich tot zu stellen. Individuell wie auch kollektiv. Der Tot-Stell-Mechanismus äußert sich darin, zu resignieren und sich dem Schicksal ohnmächtig zu ergeben. Flucht ist auch keine Option angesichts globaler Probleme. Wohin denn?

Den ersten „Freigelassenen aus der Schöpfung“, wie der Philosoph Herder die Menschen bezeichnete, bleibt also nur die Option, im Sinne der Aufklärung verantwortungsbewusst zu handeln. Nach bestem Wissen und Gewissen. Ob Naturkatastrophen, Konflikte und Kriege, oder wie jetzt die von Viren hervorgerufene Pandemie: Wir sind gezwungen, uns dazu zu verhalten. Dadurch bringen wir auch unsere Freiheit zur Geltung. Kurzfristig, aber auch langfristig. Gerade deswegen dürfen wir nicht nur die Gegenwart sehen und Krisenmanagement im Sinne des Zauberlehrlingssyndroms betreiben, d.h. Löcher stopfen, die wir selbst immer wieder graben. Denn mit unseren Entscheidungen bestimmen wir nicht nur unsere eigenen Lebensbedingungen, sondern auch die der nachfolgenden Generationen. WIR sind ihr Risiko! Wir bestimmen den Gestaltungsspielraum und die Lebensqualität unserer Enkelkinder und darüber hinaus. Das sollten wir bei der Konzeption einer „neuen Normalität“ in der Zeit nach Corona bedenken.

Dafür ist es notwendig, sich eines vernünftigen Verstandes zu bedienen.

Horst Peter Groß, Präsident des Universitäts.club|Wissenschaftsverein Kärnten

06. April 2020