Gegner gibt es viele: Steuerzahler*innen, Konkurrenten und die Verfechter der liberalen Marktwirtschaft. Doch durch Corona soll jetzt alles anders sein.
Die Preisfrage
Wann ist ein Unternehmen, welches als regionaler Beschäftigungsträger auch eine soziale und kulturelle Funktion erfüllt und sich in einer existenzbedrohenden Situation befindet, mit Steuergeld zu unterstützen? Die Antwort: Es soll konkurrenzfähig sein und Arbeitsplätze schaffen! Beurteilt wird in erster Linie die Sanierungsfähigkeit. Das bedeutet, dass in naher Zukunft wieder operative Überschüsse erzielt werden. Dabei spielt die Interessenslage der Beteiligten (noch) keine Rolle. Auf Basis der Finanzstruktur und dem daraus resultierenden Kapitalbedarf (statisch und dynamisch) wird dann die Sanierungswürdigkeit ganz profan erfragt: Sind die Eigentümer und/oder Gläubiger bereit, an der Sanierung finanziell mitzuwirken?
Die Story ist nicht schwarz-weiß
Das wirtschaftspolitische Ziel des Erhalts von KMU sowie eine differenzierte Sicht auf die Problempunkte sind die wichtigsten Grundsätze. Die COVID-bedingten Probleme einiger Branchen, insbesondere des Tourismus, aber auch des Handels, dürfen nicht losgelöst von deren strukturellen Problemen betrachtet werden. Individuelle Lösungsvorschläge sind die Regel. Die Ursachen einer Unternehmenskrise sind vielfältig und haben meist endogene Gründe. COVID ist dabei eine Ausnahme. Schwachstellenanalyse ist die Basis. Sie hat die betriebliche und die persönliche Sphäre der Entscheidungsträger zum Inhalt.
Alle denken nur an sich – nur ich denke an mich
Wenn es zwischen den „Sanierungspartnern“ um die Abgrenzung zwischen Bewältigung der finanziellen Vergangenheit und notwendigem frischen Geld für die Zukunft geht, liegen die Vorstellungen weit auseinander. Daher gilt, dass das finanzielle Engagement der öffentlichen Hand mit großer Zurückhaltung anzuwenden ist. Entscheidungen sind grundsätzlich vom Unternehmen und ihren Financiers zu treffen.
Unternehmenskrise und Ursachenanalyse sind eine komplexe Problemstellung mit vielschichtigen Erscheinungsformen. Eindimensionale, schnelle Erklärungsansätze und daraus abgeleitete Lösungsvorschläge sind meist wenig erfolgversprechend. Ebenfalls aufgeräumt werden muss mit der Ansicht, dass eine Sanierung schnell abgewickelt werden muss.
Rechtzeitig erkannte Krisen kosten weniger Geld und schaffen weniger Abhängigkeiten. In den letzten Jahren gab es immer weniger Sanierungsprojekte. Die Frage stellte sich, ob Sanierung mit Steuergeld obsolet geworden ist. Das COVID-Jahr 2020 ist wahrscheinlich der Auslöser für die kommende größte Pleitewelle der letzten Jahrzehnte. Die Spielregeln, wie Unternehmen zu sanieren sind, haben sich dennoch nicht geändert.
Univ.-Prof. Mag. Dr. Erhard Juritsch, Vorstand KWF Kärntner Wirtschaftsförderungsfonds, Universitätsprofessor Zentrum für Angewandte Betriebswirtschaftslehre und Entrepreneurship Universität Graz
21. Dezember 2020