Aus der Finanzkrise 2008 haben wir nicht viel gelernt. Damals wurde alles Mögliche unternommen, um systemrelevante Institutionen zu stabilisieren, allen voran das Finanzsystem. Trotz vielfältiger Kritik: Das war notwendig! Kollabieren Banken, kollabiert die Wirtschaft. Dies hätte katastrophale Folgen, die wir uns in einer liberalen Demokratie nicht wünschen wollen.
Damals wurde aber kein Unterschied gemacht zwischen Banken, welche die Realwirtschaft finanzieren, und globalen Investmentunternehmen, deren Geschäftsmodell auf Finanzspekulation beruht. Die teils konstruktiven, teils jedoch völlig überzogenen Reglementierungen haben gerade jene Banken getroffen, die das finanzielle Rückgrat unserer Klein- und Mittelbetriebe (in Österreich fast 99%) sind. Ihnen wurden bürokratische Hürden auferlegt, die zum Teil verhindern, dass sie ihrer Transformationsfunktion nachkommen, um die regionale Wirtschaft zu unterstützen. Die Finanzspekulanten hingegen konnten ungehindert weitermachen wie zuvor. Das ist absurd und zeigt, dass die Lobbyisten globaler Finanzkonzerne es ihnen wieder richten konnten.
Werden wir infolge der Corona-Krise versuchen, die Wirtschaft wieder genauso herzustellen wie davor? Werden entgegen jeder ökologischer Vernunft private Fluglinien mit öffentlichen Geldern unterstützt werden, damit täglich wieder zig-tausende Flüge zu Kampfpreisen stattfinden, die bereits vor Corona ruinös waren? Werden Unternehmen gerettet, die Millionen Tonnen Plastik und giftige Chemikalien produzieren, die unsere Ökosysteme zerstören? Werden Produktionen weiterhin in Länder ausgelagert, in denen ökologisch und sozial gewissenlos produziert werden kann, sodass auch europäische Konzerne „sauber“ Milliardengewinne einfahren können?
Entgegen des Dogmas, es gäbe keine Alternative zum Neoliberalismus, hat uns Corona gezeigt: Es gibt sie doch – wir können auch anders, wenn wir nur wollen! Denn wenn uns erst einmal nichts anderes mehr übrig bleiben wird, werden die Maßnahmen viel einschneidender sein.
Das wollen wir sicher nicht.
Horst Peter Groß, Präsident des Universitäts.club|Wissenschaftsverein Kärnten
13. Mai 2020