Denken wir an Wachstum, dann steht uns meist sofort „die Wirtschaft“ vor Augen. Und, dass Wachstum um jeden Preis keine gute Idee ist, da wir damit unsere eigenen Lebensgrundlagen vernichten. Welche Einschränkung für einen so wunderbaren Begriff! Und welche Verwechslung! Eine Praxis des Nehmens, Nutzens, Verbrauchens, Zerstörens, Kontrollierens und Unterwerfens, die wir als Wachstum bezeichnen. Und das soll nun wieder „hochgefahren“ werden. Tatsächlich? Wollen wir das?

Schauen wir auf andere Bereiche, auf solche, in denen Wachstum überaus wünschenswert ist. Und in denen grenzenloses Wachstum tatsächlich möglich ist. Ohne Schaden. Ohne Begrenzung. Das wächst, je mehr wir es nutzen. Das mehr wird, wenn wir es teilen.
Erkenntnis. Bewusstsein. Freude.
Glück. Lachen. Liebe.
Kreativität. Zuwendung. Nähe.
Hingabe (neudeutsch: Flow). Vertrauen. Achtsamkeit.
Toleranz. Zuversicht. Frieden – mit mir und mit anderen.
Was braucht es dazu? Jedes davon so viel und so oft wie möglich praktizieren. Jetzt. Sofort. Und dabei unser ständiges Urteil (über uns selbst und über andere) beiseite lassen. – Die Fähigkeit zu beobachten, ohne zu werten, gilt als die höchste Intelligenz (Jiddu Krishnamurti).
Nur noch Gedanken zulassen, die wir auch erleben wollen.

Die mögliche Wirkung: Eine unbändige Lust auf Leben. Ein Erleben von Fülle und Reichtum.
Vielleicht auch: Eine unbändige Lust auf Zukunft. Und genau das brauchen wir, wenn wir gemeinsam daran arbeiten, in welcher Gesellschaft und in welcher Welt wir leben möchten. Mit dieser Praxis würde auch „die Wirtschaft“ blühen und die Frage nach dem richtigen Wachstum sich erübrigen.
Alles Genannte ist ansteckend. Fast hätte ich gesagt: Lasst uns eine globale Pandemie entfachen. Wäre das zu viel des Guten?

Heike Egner, Ida Pfeiffer Professorin an der Universität Wien, Sozionautin und Vorstandsmitglied des Universitäts.club|Wissenschaftsverein Kärnten

29. Juni 2020