In der Geschichte der Menschheit haben Zivilisationen überlebt, die bessere Kooperationssysteme etablieren konnten als andere. Sie haben Talente und Fähigkeiten Einzelner gebündelt. Durch die Arbeitsteilung hat die Gemeinschaft profitiert. Der Mehrwert wurde solidarisch geteilt, das brachte gemeinsamem Wohlstand und Bevölkerungswachstum. Die Ausdifferenzierung der Gesellschaft brachte aber auch Partikularinteressen mit sich und damit einen Wettbewerb im Sinne der Optimierung individueller, egoistischer Vorteile. Damit wurde auch das Profitdenken, der individuelle finanzielle Gewinn, als höchstes Ziel etabliert.
Dies führte zur Spaltung der Gesellschaft in Gewinner und Verlierer, in Arm und Reich, in „Obertanen“ und „Untertanen“, das verbindende Element der Gemeinschaft ging verloren. In der Optimierung eigener Interessen wurde jeder selbst zu seinem Nächsten. Ideologisch wurde diese Form des Wettbewerbs als „Motor des Fortschritts“ hochstilisiert: Die Summe egoistischen Verhaltens solle letztlich zum Wohle aller führen!?
Das ist eine Umkehrung jahrtausendealter menschheitsgeschichtlicher Erfahrung! Denn das gemeinschaftlich Gute fußt auf Kooperation. Auch die Zukunft der Menschheit kann nur auf globaler Kooperation aufbauen. Doch das haben wir auf dieser abstrakten Ebene noch nicht gelernt. Wie zu Beginn der Erfolgsgeschichte des Homo sapiens, die sich von der Gruppe über Sippen, Gemeinschaften, Gesellschaften und Nationalstaaten entwickelte, waren Kooperation und Solidarität immer die probaten Erfolgskonzepte. Konkurrenzdenken auf Kosten anderer führte immer zu Krieg und gegenseitiger Vernichtung. Das können wir uns in einer Weltgesellschaft nicht mehr leisten. Eine globale Zivilisation hat angesichts globaler Herausforderungen keine andere Möglichkeit, als solidarisch zu handeln. Alle, die in dieser Situation die Welt zu spalten versuchen, erweisen sich als Feinde einer nachhaltigen offenen Gesellschaft!
In dieser Hinsicht ist die Corona-Pandemie – wie spektakulär sie sein mag – nur eines der Probleme, die wir gemeinschaftlich zu lösen haben. Alleingänge sind angesichts der ernsten Lage lächerlich und falsch. Die Klimakrise und der dramatische Verlust der Artenvielfalt sind die größeren Herausforderungen, die wir vernünftigen Verstandes angehen müssen!
Horst Peter Groß, Präsident des Universitäts.club|Wissenschaftsverein Kärnten
2. November 2020