Optimistischer Weise war zu hoffen, dass man die Corona-Pandemie mit dem Lockdown im Frühjahr 2020 in den Griff bekommen würde. Pessimistischer Weise wurde befürchtet, dass es im Herbst zu einer zweiten Welle kommen würde. Konkret erleben wir seit September, dass die Infektionsraten wieder steil nach oben gehen. Wie weit, ist ungewiss.

Was also tun? Wie angemessen (re-)agieren und sich darauf einstellen?

Hierzu gibt es widersprüchliche Haltungen. Einerseits wird befürchtet, dass die Ansteckungsgefahr unterschätzt, zum Teil sogar ignoriert wird. Dies hätte zufolge, dass die Pandemie große Teile der Bevölkerung erfassen und damit das gesamte gesellschaftliche Leben lahmlegen könnte, also einen Lockdown aufgrund der ausufernden Infektionen.

Andererseits ist zu befürchten, dass wegen der Infektionsraten seitens der Politik wieder viel zu restriktive Maßnahmen gesetzt werden, was zumindest für einen Teil der Wirtschaft einem Lockdown gleichkäme. Diese „Option“ wäre also genauso verheerend, da auch sie die Grundlagen unseres Gesellschaftssystems aushebeln und uns einen längeren Krisenmodus bescheren würde, der Wohlstand gefährdet, Lebensplanungen vernichtet und unsere Freiheit einschränkt.

Covid-19 hat uns eine Systemkrise beschert. Das Virus hat gezeigt, wie verwundbar unsere Gesellschaft, Freiheit, Würde und Autonomie sind. Wir erleben, dass die „Dialektik der Freiheit“, die Balancierung von Selbstbestimmung und Fremdbestimmung, eine Aufgabe ist, die wir nicht delegieren können: Sie ist die Grundaufgabe der Demokratie! Sie braucht das kollektive Ringen um den besten Weg. Dabei helfen weder Redeverbote für kritische Stimmen, noch message control einer Bundesregierung und auch keine Lockdowns. Demokratie braucht einen offenen Diskurs, der auch Kritik zu Wort kommen lässt. Gerade weil niemand weiß, wie der richtige Weg geht, sind alle gefordert, an der Bewältigung dieser Krise eigenverantwortlich mitzuwirken. Dazu braucht es Solidarität und einen vernünftigen Verstand.

Horst Peter Groß, Präsident des Universitäts.club|Wissenschaftsverein Kärnten

13. Oktober 2020