Die Attraktivität von Regionen soll von ihnen selbst gestaltet werden. Die international aufgestellten Wertschöpfungsketten sollen mit regionalen Clustern verbunden werden. Das ist State-of-the Art in der Industrie- und Technologiepolitik. „Subsidiarität“ wird beschworen, dies vor allem, weil einerseits die öffentlichen Kassen schon vor der Krise leer waren und weil andererseits damit die Verbindlichkeit für das eigene Glück verantwortlich zu sein, den regionalen Akteuren „“umgehängt“ werden kann. Daraus ergibt sich zwangsläufig ein Wettbewerb der Regionen. Ganz wie es die Stärke er Marktwirtschaft vorzeigt, sind Entscheidungen dezentral zu fällen und es gibt keine Ausreden für das Verlieren an Attraktivität. Die regionalen Politiker sollen den Bürgern erklären, dass sie selbst es sind, die für ihr Wohl verantwortlich sind und nicht eine Zentralmacht. Damit ergibt sich für die nationalen Regierungen ein einfaches politisches Muster. Schuld an den Problemen sind die Brüsseler Bürokratie auf der einen Seite und die regionale Politik auf der anderen.
Länder und Gemeinden werden als die effektivste und anpassungsfähigste räumliche Organisationsform gepriesen. Aus den endogenen Potentialen soll eine dynamische eigenständige, nachhaltige Regionalentwicklung abgeleitet werden. Was als Aktivierung der Potentiale der Länder, Städte und Gemeinden gedacht ist, hat sich dennoch oft nicht erfüllt. Die Subsidiarität wird auf den Themenkomplex „Wirtschafts- und Technologiestandort“ reduziert, diesem Paradigma kann sich keine Region entziehen, will sie für die nächsten Generationen attraktiv bleiben.
Die Standortkonkurrenz ist massiv. In schwachen Regionen fehlt das Geld für die kompetitive Regionalpolitik. Selbst jene Mittel, die für potentialorientierte Standortpolitik gedacht sind, werden verwendet um Budgetlöcher zu stopfen. Kohäsionsmittel kommen überwiegend starken Regionen zugute – diese haben auch die Finanzierungsstärke für Ko-Finanzierungen. So werden die meisten Tourismusförderungen in starken Tourismusregionen platziert, die höchsten Bildungsbudgets in wirtschaftsstarken Ballungszentren. Dasselbe Muster wirkt bei Industrie und bei infrastrukturellen Entscheidungen. Eine regionsspezifische Gestaltungsagenda hat wenig Platz. Einem verklärten Subsistenzregionalismus mit regionalwirtschaftlichen Nullsummenspielen („gebt euer Geld zu Hause aus“) ohne Aussicht auf nachhaltigen Wohlstand ist damit Tür und Tor geöffnet.
Univ.-Prof. Mag. Dr. Erhard Juritsch, Vorstand KWF Kärntner Wirtschaftsförderungsfonds, Universitätsprofessor Zentrum für Angewandte Betriebswirtschaftslehre und Entrepreneurship Universität Graz
8. Juli 2020