Was ist die „Bestimmung“ eines Berges? Geologisch gesehen, über Rinnsale, Bäche, Wasserfälle und Flüsse herabgeschwemmt zu werden um letztlich als Sand im Meer zu enden! Davon zeugen „Jahrhundert-Ereignisse“. Überschwemmungen, Erdrutsche und Lawinen, die uns mit ihrer Naturgewalt treffen. Seit wir von Klimaveränderung sprechen, immer öfter und weniger überraschend, obwohl diese „Natur-Katastrophen“ seit Menschengedenken nicht vorgekommen sind.
Unsere menschlichen Zeitvorstellungen entsprechen nicht den Zeiträumen geologischer Abläufe. Unsere Erinnerungen reichen über drei Generationen nicht hinaus. Politische „Weitsicht“ orientiert sich noch viel kürzer an Wahlzyklen und damit verbundenen Wahlversprechen. Interessant, dass wir diesen Widerspruch trotz allen wissenschaftlichen Wissens nicht zur Kenntnis nehmen wollen. Unsere technologische Eingriffsmacht macht uns gleichzeitig überheblich. Wir finden es als opportun, dass durch Naturgewalt zerstörte „bürgermeisterlich“ genehmigte Ansiedlungen und Häuser mit öffentlichen Geldern wieder aufgebaut und abgesichert werden, obwohl sie sich zum Teil in „roten Zonen“ befinden. Dem politisch geforderten Anspruch auf Baugenehmigung folgt der Anspruch auf öffentliche Entschädigung. Privater Luxus in privilegierter Lage inmitten der Natur, abgesichert durch öffentliche Kosten.
Ein fiktives und zugleich zahlenrealistisches Beispiel: Nach einer „Jahrhundert-Überschwemmung“ werden sieben Einfamilienhäuser unerwartet von einem kleinen Bach zerstört! Natürlich wird erwartet, dass die öffentliche Hand den Wiederaufbau unterstützt (wozu haben wir den Katastrophenfonds?). Zusätzlich wird der kleine Bach durch gigantische Schutzmauern um 23 Millionen Euro reguliert, um die Betroffenen in Zukunft zu schützen. – Was wäre, wenn wir den Besitzern dieser Häuser Geld schenkten, damit sie sich nach der Katastrophe in einer sicheren Zone ansiedeln? Das Land würde sich (und uns als Steuerzahler*innen) viel Geld ersparen – nicht zuletzt die laufenden Kosten, um die Schutzwälle zu warten (in der Fachsprache heißen diese übrigens „Ewigkeitskosten“).
Denn der Berg kommt unweigerlich zu Tale – das ist seine Bestimmung.
Horst Peter Groß, Präsident des Universitäts.club|Wissenschaftsverein Kärnten
24. Juni 2020