In Folge fünf unseres QUERgedacht-Onlinetalks betonen Kabarettist Thomas Maurer und Kommunikationswissenschaftler Rainer Winter mit Präsident Horst Peter Groß und Moderator Christian Hölbling unisono, dass Nase rümpfen nicht reicht, es brauche dringend einen Wahrheitsbegriff, um gegen Fake News anzutreten.

 

Soziale Wahrheit

Bei der Wahrheit scheiden sich die Geister: In der Wissenschaft gilt etwas als wahr, solange nicht das Gegenteil bewiesen ist. Die soziale Wahrheit hingegen ist eine, die für eine bestimmte Zeit als praktikabel für alle befunden wird. „Das muss nicht immer logisch sein, es kann ein sowohl-als-auch sein“, betont meint der Philosoph und Uni.club-Präsident Horst Peter Groß. In unserer neuesten Folge „QUERgedacht“ beschäftigen wir uns mit dem Thema „Fake – Wahrheit und Lüge in Medien und Politik“. Was ist an diesen Lügen neu? Der Kabarettist Thomas Maurer meint, es werde, wie in den USA, bereits ein Krieg gegen das gemeinschaftliche Konzept von Realität geführt: „Es geht nicht mehr um die Deutung von Fakten, sondern gleich um deren Abschaffung.“ Maurer sieht neben der journalistischen Ethik „einen wild wuchernden Dschungel an paranoidem Unsinn“, und zwar mit dem Internet als Haupt-Transportmittel. Das sieht auch der Medien- und Kulturtheoretiker Rainer Winter so: „Im Internet kann von morgens bis abends gelogen werden, weil jeder sagen kann, was er will. Das ist eine ernstzunehmende demokratische Bedrohung.“ Winter hält sogar eine Entwicklung hin zu einem totalitären „Überwachungskapitalismus“ für denkbar: „Nicht morgen, aber vielleicht in 20, 30 Jahren.“

Social Media als Gefahr

Horst Peter Groß hält die Algorithmus-gesteuerten Meinungsblasen auf Social Media für eine Gefahr. Dadurch gebe es immer weniger gleiche Informationsbasis, was die Spaltung der Gesellschaft vorantreibe. Groß: „Ich frage mich, ob der mündige, aufgeklärte, gebildete Bürger überhaupt noch Ziel der Gesellschaftspolitik ist, sondern nur mehr der Mensch als Konsument.“ Die zunehmende Vereinzelung betrachten die Diskutanten als durchaus gewollt von Wirtschaft und Politik. Rainer Winter: „Wir leben in einer ich-zentrierten, konsumistischen Zerstreuungskultur.“

Der Kabarettist Maurer zieht, was Medien betrifft, einen Vergleich zur Gastronomie: In der Leitkultur USA gebe es entweder billigstes Junk Food oder Spitzengastronomie, aber kaum etwas dazwischen. Das könnte uns auch im Medienbereich blühen, fürchtet der vielfach ausgezeichnete „Staatskünstler“. Er findet, Reflexion und wache Intelligenz müssten wieder schick gemacht werden, denn „es reicht nicht, die Nase zu rümpfen“.

Warum Bildung statt Ausbildung ein wichtiger Faktor ist, welche negative Rolle die Privatisierung von Medien für deren Qualität spielt, wie sehr die Medien in der Zwickmühle zwischen guten Stories und Seriosität sind, warum die Wissenschaft aus dem Elfenbeinturm raus muss und warum das Thema Klimaerwärmung das menschliche Hirn überfordert – all das und vieles mehr wird in der von Christian Hölbling moderierten Sendung diskutiert.