Wissen schafft Kultur – Vorlesungsprogramm 13 I 14 I 15 I 16

Die Vorträge finden im Stiftungssaal im Servicegebäude am Campus der Alpen-Adria-Universität Klagenfurt jeweils um 19.00 Uhr statt.

WSK 13 – Heiner Flassbeck

Freitag, 22. Oktober 2010

„Gescheitert! – Warum die Politik vor der Wirtschaft kapituliert“

Ohne Idee, ohne Vision und ohne wirtschaftspolitische  Kompetenz treiben die Regierungen der großen Industrieländer auf dem von den Finanzmärkten heftig verwirbelten Strom der Weltwirtschaft: Wachstum wollen sie, aber auch Klimaschutz; die Konjunktur wollen sie anregen, aber auch die öffentlichen Haushalte konsolidieren; freien Handel wollen sie, aber sie verstehen ihn nicht; die Fi-nanzmärkte wollen sie regulieren, sie wissen aber nicht wie.
Flassbeck zeigt, dass die Politik das Wichtigste am wenigsten verstanden hat, nämlich, wie man mit einer Marktwirtschaft neue Herausforderungen und Krisen meistert, wie man die freie Entwicklung der Menschen zulässt, den Fortschritt aber ökologisch und sozial so sichert, dass nachhaltiges Wirtschaften möglich ist. Er zeigt, dass dazu die Teilhabe aller Bürger am gemeinsam erarbeiteten Fortschritt und ein vernünftiges Miteinander der Staaten notwendig sind. Er erklärt, warum die Ökonomen versagen und warum die Nicht-Ökonomen vor den Ökonomen und willfährigen Medien kapitulieren. Er macht Hoffnung, fordert aber gleichzeitig eine fundamentale politische Wende, bei der die Parteien- und Lobbydemokratie radikal reformiert wird.

Heiner Flassbeck:

Geboren 1950 in Birkenfeld/Nahe (D), Studium der Volkswirtschaft an der Universität des Saarlandes (Dipl.-Volkswirt) und an der FU Berlin (Dr. rer.pol.), Honorarprofessor an der Hamburger Universität für Wirtschaft und Politik. Mitarbeiter im Wirtschaftsexpertenrat Wiesbaden, im bundesdeutschen Wirtschaftsministerium in Bonn und am Deutschen Institut  für Wirtschaftsforschung Berlin. 1998/99 Staatssekretär im deutschen Finanzministerium. Seit 2000 bei der UNCTAD – United Nations Conference on Trade and Development in Genf, seit 2003 als Direktor der Division on Globalisation and Development Strategies.

PUBLIKATIONEN
2006: „50 einfache Dinge, die Sie über unsere Wirtschaft wissen sollten“
2007:  „Das Ende der Massenarbeitslosigkeit. Mit richtiger Wirtschaftspolitik die Zukunft gewinnen“ (mit Friederike Spiecker)
2009: „Gescheitert: Warum die Politik vor der Wirtschaft kapituliert
2010: Die Marktwirtschaft des 21. Jahrhunderts“ (erscheint Herbst 2010), alle Frankfurt/M.: Verlag Westend

WSK 14 – Boris Podrecca

Mittwoch, 10. November 2010

„Wem gehört der Platz? Von Bedarf und Entbehrlichkeit des öffentlichen Raumes.

Bevor es zum Bauwerk kommt, muss sein Ort entziffert und rezipiert werden. Die Urbanität der Orte entfaltet heute mehr denn je konträre und starke Abwehrmechanismen. Dichte Zeitschichten mit interpretationsträchtigen Figuren einerseits und die medialen und merkantilen Vermarktungsstrategien andererseits bilden ein virulentes und weitgespanntes Substrat, auf dem sich Architektur erst behaupten muss. Die Semantik dieses Meta-Textes bzw. unser gesamter öffentlicher, offener Raum bedarf einer Klärung, um die Relation zwischen Bauwerk und Stadtraum wieder herstellen zu können.

BORIS PODRECCA
1940 in Belgrad geboren und in Wien lebend, Architekt mit Ateliers in Wien, Stuttgart und Venedig, Professor an der Universität Stuttgart und dort Direktor des Institutes für Raumgestaltung und Entwerfen. Gastprofessuren in Lausanne, Paris, Venedig, Philadelphia, London, Wien und Harvard-Cambrigde (Boston). Ehrendoktor der Universitäten Maribor und Belgrad.Neben klassischen Architekturbauten gestaltet Podrecca Ausstellungen sowie Straßen und Plätze, wie in Wien, Verona, Triest und Piran, und auch den Neuen Platz in Klagenfurt.

PUBLIKATIONEN
2004: Matthias Boeckl: Boris Podrecca. Offene Räume / Public Spaces. Wien: Springer
2007: Boris Podrecca – Architecture, Salzburg: Anton Pustet
2010: Boris Podrecca, Katalog anlässlich der Ausstellung in der Narodna Galerija in Ljubljana

WSK 15 -Patrizia Nanz 

Mittwoch, 24. November 2010    ABGESAGT!

„Ist die traditionelle Politik am Ende? Politik(er)verdrossenheit und die Chance für neue Formen der Bürgerpolitik“

Seit den 1990er Jahren ist eine Verbreitung von innovativen Formen der Bürgerbeteiligung zu beobachten. Entgegen der viel beschworenen Diagnose einer Politikverdrossenheit zeigt sich, dass Bürger zwar das Gefühl haben, durch den turnusmäßigen Gang zur Wahlurne kaum noch Einfluss auf die Politik nehmen zu können, sich aber durchaus politisch engagieren. Was sich allerdings tatsächlich verändert hat, sind die Formen bürgerschaftlichen Engagements: Es ist themenbezogener und zeitlich begrenzt, weniger an politische Parteien gebunden und direkter auf persönliche Interessen zugeschnitten. Beteiligungsprozesse sind aber kein Allheilmittel, sondern fragile Verfahren, die leicht zur Imagepolitik missbraucht werden können. Echte Bürgerbeteiligung setzt voraus, dass politische Mandatsträger sich von einer reinen top-down-Politik verabschieden. Nur dann schafft sie einen „Raum des Politischen“ (Hannah Arendt), in dem gemeinschaftlich um Lösungen gerungen wird – jenseits kurzfristiger Interessen.

Patrizia Nanz
1965 geboren in Stuttgart, Studium der Philosophie, Literaturwissenschaft und Geschichte in München, Montreal und Frankfurt/Main (Magisterarbeit bei Jürgen Habermas), Ph.D.-Studium der Politikwissenschaft am Europäischen Hochschulinstitut in Florenz. Lektorin beim S. Fischer Verlag, Leiterin des Sachbuch- und Wissenschaftsprogramms beim Verlag Giangiacomo Feltrinelli in Mailand. Seit 2002 Professorin für Politische Theorie an der Universität Bremen. Herausgeberin der Reihe „Politik“ beim Wagenbach Verlag. Gründungsmitglied des European Institute for Public Participation (EIPP).

Publikationen
2010: „Handbuch Bürgerbeteiligung. Verfahren und Akteure, Chancen und Grenzen“ (mit Miriam Fritsche), Bremen: European Institute of Public Participation
2006/2009: “Europolis. Constitutional Patriotism beyond the Nation State”, Manchester: University Press / “Europolis. Un idea controcorrente di integrazione politica“, Mailand: Giangiacomo Feltrinelli
2008: “Civil Society Participation in International Governance: A Cure for Its Democratic Deficit?” (hg. mit Jens Steffek und Claudia Kissling), Houndmills, Basingstoke, Hampshire: Palgrave Macmillan

WSK 16 -Josef Winkler

Mittwoch, 19. Jänner 2011

„Wir müssen wahre Sätze finden. Wahrheitssuche in Literatur und Wissenschaft.“

Nach wie vor begreifen Schriftstellerinnen und Schriftsteller Schreiben als Wahrheitssuche oder gar als Vehikel zur Wahrheitsfindung. „Wir müssen wahre Sätze finden“, notierte einst Ingeborg Bachmann.  Denken, Intuition und Phantasie benötigt ein Wissenschaftler genauso wie ein Künstler. Beide sind auf der Suche nach Wahrheit: Der Wissenschaftler beobachtet die Welt und beschreibt sie, der Künstler beobachtet die Welt und interpretiert sie. Liegt darin der grundlegende Unterschied? In der Bildenden Kunst und in der Musik sind die Grenzen zur Wissenschaft längst aufgehoben, wie verhält es sich mit der Dichtung und der Darstellenden Kunst? Lässt sich die Trennung zwischen den wissenschaftlichen und den literarischen »Kulturen« noch aufrecht halten?
Die 16. Vorlesung von Wissen schafft Kultur findet in Kooperation mit dem Musil-Institut und dem Radiosender Ö1 statt und wird als Dialog gestaltet: „Zeitgenossen im Gespräch“ Michael Kerbler spricht mit Josef Winkler.
Die Aufzeichnung wird auf Ö1 am 27. Jänner 2011 ausgestrahlt.

Josef Winkler
Josef Winkler hat sich spontan bereit erklärt für den erkrankten Schriftstellerkollegen Michael KÖHLMEIER als Gast in die Reihe WISSEN SCHAFFT KULTUR zu kommen.
1953 in Kamering / Kärnten, geboren, lebt als Schriftsteller in Klagenfurt.
Georg Büchner-Preis 2008, Ehrendoktor der Alpen-Adria-Universität 2009.

Publikationen
(zuletzt): Der Katzensilberkranz in der Henselstraße, Suhrkamp, 2009
Ich reiß mir eine Wimper aus und stech dich damit tot, Suhrkamp, 2008
Roppongi. Requiem für einen Vater, Suhrkamp, 2007

Am 27. Jänner 2011 auf Ö 1 ausgestrahlt:
Michael Kerbler (Ö1) „im Gespräch“ mit Josef Winkler.