Wissen schafft Kultur – 10.10.2012 I 14.11.2012 I 05.12.2012 I 16.01.2013
Vorlesungsreihe 6. Semester 2012/2013
WSK 21 Robert PFALLER
Mittwoch, 10. Oktober, 19:00 Uhr, Stiftungssaal im Servicegebäude der Alpen-Adria-Universität Klagenfurt
„Wofür es sich zu leben lohnt. Plädoyer für eine materialistische Ethik“
Ist es nicht erstaunlich, in welchem Maß unsere Kultur so gut wie jeglichen Genuss als unerträglich wahrnimmt – insbesondere den Genuss der Anderen? Woher kommt es, dass Objekte und Praktiken, die bis vor kurzem noch als Quellen von Freude und Eleganz angesehen wurden – wie Trinken, Rauchen, unbeschwertes Studieren ohne Verschulung, das Tragen von Pelzen oder Parfüms, Grillen im Freien, adult language, Sex etc. – nun als Belästigungen und Bedrohungen gelten? Warum sind wir plötzlich so empfindlich und furchtsam? Und was müssten wir tun, um die Zeit vor dem Tod ein Leben nennen zu können?
Robert Pfaller
Geboren 1962 in Wien, seit 2009 Professor für Philosophie an der Universität für Angewandte Kunst in Wien; von 1993 bis 2009 Professor an der Kunstuniversität Linz; Gastprofessuren in Amsterdam, Berlin, Chicago, Oslo, Strasbourg, Toulouse und Zürich; Gründungsmitglied der Wiener Forschungsgruppe für Psychoanalyse stuzzicadenti; 2007 ausgezeichnet mit dem Preis „The Missing Link“ des Psychoanalytischen Seminars Zürich.
WSK 22 Svenja FLASSPÖHLER
Mittwoch, 14. November, 19:00 Uhr, Stiftungssaal im Servicegebäude der Alpen-Adria-Universität Klagenfurt
„Gut sein lassen. Über die passive Dimension des Verzeihens“
Das Verzeihen ist, dem Worte nach, eine Form der Unterlassung: Anstatt ständig mit dem Finger auf die Wunde zu zeigen und von ihrem Verursacher Wiedergutmachung zu verlangen, verzichtet, wer verzeiht, auf Vergeltung. Aber heißt das, dass sich die Wunde schließt? „Die Wunde offen zu halten, kann ja auch gesund sein“, schreibt Kierkegaard. Svenja Flaßpöhler wird das Verzeihen als einen Akt des Nicht-Tuns beleuchten und dabei auch das (keineswegs verheilte) Selbstverhältnis des Verzeihenden ergründen.
Svenja Flaßpöhler
1975 geboren in Münster, 1994-2001 Studium der Fächer Philosophie, Germanistik und Sport an der WWU Münster; 2001-2006 Promotion in Philosophie mit einem Stipendium der Studienstiftung des deutschen Volkes über Pornographie und Moderne; seit 2006 Featureautorin, Essayistin, Rezensentin u.a. für den Deutschlandfunk, das Deutschlandradio und Psychologie Heute; seit 2011 stv. Chefredakteurin des „Philosophie Magazin“; lebt in Berlin.
WSK 23 Felix EKARDT
Mittwoch, 05. Dezember, 19:00 Uhr, Stiftungssaal im Servicegebäude der Alpen-Adria-Universität Klagenfurt
„Nachhaltige Umweltpolitik? Klimaschutz nach dem Scheitern von Völkerrecht und Nationalstaat“
Nachhaltigkeit meint, dass dauerhaft und global durchhaltbar gelebt und gewirtschaftet wird. Unser Lebensstil soll also auch dann noch tragbar sein, wenn ihn alle Menschen weltweit dauerhaft imitieren. Die bisherige globale, europäische und deutsche Klimapolitik ist wenig erfolgreich. Weltweit sind die Emissionen seit 1990 um 40 % gestiegen. Auch in den Industrieländern sind sie nur wegen der Industriezusammenbrüche 1990 in Osteuropa und der Produktionsverlagerung unserer Wohlstandsgüter in die Schwellenländer relativ stabil. Welche Handlungsoptionen gibt es global, national und kommunal? Welches sind die Hemmnisse einer großen Transformation hin zur Nachhaltigkeit? Welche ethischen Probleme ergeben sich dabei? Und gibt es Wohlstand ohne Wachstum?
Felix Ekardt
Geboren 1972 in Berlin, ist Jurist, Soziologe, Rechtsphilosoph und Religionswissenschaftler; er ist Leiter der Forschungsstelle Nachhaltigkeit und Klimapolitik in Leipzig sowie Professor für Umweltrecht und Rechtsphilosophie an der Universität Rostock (davor seit 2002 an der Universität Bremen). Promotion und Habilitation 2000 und 2002 zu den Hemmnissen von Nachhaltigkeit und zur Nachhaltigkeitstheorie.
WSK 24 Eva BLIMLINGER
Mittwoch, 16. Jänner, 19:00 Uhr, Stiftungssaal im Servicegebäude der Alpen-Adria-Universität Klagenfurt
„Ohne Erinnerung keine Identität. Über Erinnerungspolitik und die Kultur des Erinnerns“ – im Gespräch mit Michael KERBLER
„Wir sind das, was wir erinnern.“ Diese Feststellung von Karl Jaspers trifft nicht nur auf Einzelpersonen zu, sondern auf ganze Volksgruppen und Nationen. Erinnerung kommt deshalb nicht nur für das Individuum, sondern auch für das Kollektiv identitätsstiftende Wirkung zu. Allerdings: die Geschichte ist voller Beispiele, die belegen, dass Erzählungen, Ereignisse, Begebenheiten, die „erinnert“ werden, mit der historischen Faktenlage kaum deckungsgleich sind. Ideologisch oder religiös motivierte Mythenbildung, machtgetriebene Uminterpretation von Ereignissen, ja vorsätzlich betriebene Geschichtsfälschung liefern das Material für ein Geschichtsbild, das Vorurteile, Hass und Feindbilder perpetuiert und im Alltag Klischeebilder vom „Anderen“, vom „Fremden“ festigt. Und – gemessen an der Faktenlage – zu einer „falschen Identität“ führt. Identitätsstiftende Faktoren sind also auf ihren Wahrhaftigkeitsgehalt zu überprüfen. Vom einzelnen Menschen ebenso, wie von Volksgruppen oder Nationen. Denn nur dann ist gewährleistet, dass ein gutes Zusammenleben in der unmittelbaren Gemeinschaft im Kleinen, oder in einem gemeinsamen Europa im Großen gelingt. Im Gespräch mit der Historikern Eva Blimlinger, die das umfangreichste NS-Zeit-Aufarbeitungsprojekt der Republik Österreich koordinierte, geht es um die Kultur der Erinnerung und um das Wie der Überprüfung von Erinnerung. Was können Kunst und Kultur in diesem Zusammenhang leisten? Welche Rahmenbedingungen muss die Wissenschaft – etwa die Zeitgeschichte – vorfinden, um falsch überlieferte Geschichtsbilder zu korrigieren? Denn erst dann können die Voraussetzungen geschaffen werden, dass Einsicht ermöglicht, neue Identität zu entwickeln.
Eva Blimlinger
Geboren 1961 in Wien; Studium der Geschichte und Germanistik an der Universität Wien; 1991–1992 Gleichbehandlungsbeauftragte der Österreichischen Rektorenkonferenz; 1992–1999 Leiterin des Büros für Öffentlichkeitsarbeit der Universität für angewandte Kunst Wien; 1999–2004 Forschungskoordinatorin der Historikerkommission der Republik Österreich; 2004 -2011 Projektkoordinatorin der Kunst- und Forschungsförderung der Universität für angewandte Kunst, seit Dezember 2006 im Kunstrückgabebeirat des Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur; zahlreiche Lehraufträge an österreichischen Universitäten; seit 2011 Rektorin der Akademie der Bildenden Künste Wien.
Der Eintritt ist FREI!
Wir ersuchen jedoch um Anmeldung für die Organisation – info@wsk.or.at!